Login



Prozession

Prozession

Prozessionen sind ein religiöses Ritual und aus vielen Religionen bekannt. Im ländlichen, katholischen Bereich kennt man sie als Palm-, Bitt- und Fronleichnamsprozession oder als Festumgänge zum Kirchweih- und Patroziniumsfest. Auch Kreuzwege gehören hier her. Häufig werden der „Leib Christi“ und mit Blumen geschmückte Statuen und Fahnen von Heiligen mitgetragen. Prozessionsmärsche und Lieder begleiten den „Umgang“, wie die Prozession am Land genannt werden. Sie machen Station an Bildstöcken und Wegkreuzen.

Die Grundtypen christlicher Prozessionen haben sich ab dem 4. Jh. in den Stadtliturgien von Jerusalem, Konstantinopel und Rom ausgebildet:
Prozessionen zur Feier zentraler biblischer Ereignisse: In Jerusalem suchte man in Prozession die Orte auf, an denen sich die wichtigsten biblischen Ereignisse geschichtlich zugetragen haben, und feierte dort Gedenkgottesdienste - am historischen Ort zur historischen Zeit. Die wichtigsten Orte waren die Geburtsgrotte in Bethlehem zu Weihnachten und der Abendmahlssaal, Golgotha und die Grabesgrotte in Jerusalem zu Ostern. Kreuzweg, Palmprozession, Kreuzverehrung am Karfreitag und Tauf- und Auferstehungsprozession in der Osternacht haben hier ihre Wurzeln.
Prozessionen zur Inszenierung des Glaubens: Die Stationsliturgie in Konstantinopel hatte eine andere Funktion. Sie diente unter anderem als christliche Besitzergreifung und als Demonstration des christlichen Glaubens in der ehemals heidnischen Stadt.Von der Art her gehören hierher die Fronleichnamsprozession und die Prozesssionen zum Kirchweih- und Patronatsfest.
Prozessionen zur Abwehr feindlicher Mächte und als Bitte um Fruchtbarkeit und Segen: Aus Konstantinopel ist aus dem 7. Jh. eine Prozession um die Stadtmauern zur Abwehr der Awaren bekannt, bei der der Patriarch ein „nicht von Menschenhand geschaffenes“ Wunderbild Christi und hoch verehrte Marienikonen feierlich mitführen ließ. Eine ähnliche Prozession kennt man aus Rom im 8. Jh. gegen die Gefahr der Langobarden. Die heutigen „Bittprozessionen“ mit Flursegnung sind von dieser Art und sind gegen die Bedrohung durch Naturgewalten gerichtet. Sie gehen auf die heidnischen Flurumgänge im antiken Rom zurück.
Prozessionen als funktionales Element feierlicher Gottesdienste: Angelehnt an die byzantinische Staatsliturgie nach der „Konstantinischen Wende“ entfalteten sich in der Hochliturgie von Jerusalem, Konstantinopel und Rom vier feierliche Prozessionen (mit Kerzen und Weihrauch) als Teil der Eucharistiefeier, die Einzugsprozession, die Evangelienprozession, die Gabenprozession und Kommunionprozession. Die Erntedankprozession stellt eine erweiterte bzw. ausgelagerte Gabenprozession dar.

(Josef Suntinger)

Foto: Krenobitsch, Bildstock, Hl. Helena (Christine Winkler 2007) - Mutter des Kaisers Konstantin, die der Legende nach auf Golgotha das Kreuz Christi aufgefunden und sich um die Ausstattung der historischen Stätten Jerusalems mit prachtvollen Kirchenbauten verdient gemacht hat.