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Ziegelgitter

Ziegelgitter

Zu den charakteristischen Eigenheiten vieler Hauslandschaften im süd-ost-alpinen Raum und im
zugehörigen Alpenvorland, vor allem in Kärnten, der Steiermark, in Slowenien, Teilen Kroatiens, in
Friaul, Venetien und in der gesamten Poebene, zählen Ziegelgitter an landwirtschaftlichen Bauten.

Ziegelgitter sind Mauerwerksteile, welche zumeist übereinander und nebeneinander kleine Öffnungen aufweisen, die durch die besondere Art der Anordnung der Ziegelelemente entstehen. Sie werden in Wohnhäusern heißer Gegenden als winddurchlässige, einbruchsichere Füllelemente in Maueröffnungen, als freistehende Brüstungen oder in Einfriedungsmauern und als vorgeblendete Gitter von Außenmauern gegen das Aufheizen durch die Sonne während des Tages, aber auch – besonders in gemäßigten Klimazonen – in bäuerlichen Wirtschaftsgebäuden, vor allem in Heubergeräumen sowie auch in kleinen Käsefabriken in Norditalien verwendet.
Das Besondere der Gitter unserer Region im südostalpinen Raum ist die außergewöhnliche Vielfalt in Konstruktion und Motivik, in der Wahl der verwendeten Ziegelelemente und in der Oberflächengestaltung.
Ungeschützte Öffnungen galten als Einbruchstelle für magische Mächte, Dämonen und Geister aller Art. Umso mehr musste man darum bemüht sein, die vielen vergleichsweise großen Ziegelgitteröffnungen mit einem Schutz zu versehen. Die volkstümliche Bezeichnung "Spiegelwand" für manche Ziegelgitter deutet auf diese Schutzfunktion bei entsprechender Gestaltung hin, böse Mächte zu spiegeln, zurückzuwerfen.

So sind viele Öffnungen in der Form eines Kreuzes und anderer christlicher Zeichen, wie das Jesusmonogramm "IHS" oder die Zeichen für Maria, den Heiligen Geist, das Herz Jesu gestaltet. Das "Auge Gottes", Monstranzen, ja ganze Flügelaltäre werden in die Lüftungsgitter dieser landwirtschaftlichen Bauten integriert. Bei manchen Bauten wird das gesamte äußere Gestaltungskonzept Sakralbauten nachempfunden. So erhalten die Gitterflächen die Form von gotischen Spitzbogenfenstern; selbst komplizierte Maßwerkrosetten werden integriert. Andererseits finden sich auch Motive aus nichtchristlichen Glaubensvorstellungen, wie der
Drudenfuss, Hörner, Geweihe, Neid- oder Frazenköpfe.

Quelle: Hasso Hohmann, Ziegelgitter in der Alpen-Adria-Region. In: Ingeborg u. Dieter Müllner,
Kärntner Stadelfenster. Ziegel statt Glas, Teil 2, Klagenfurt: Heyn Verlag 2008. (Siehe Artikel im Bereich "Forschung")

Link: http://members.aon.at/stadelfenster/

Foto: Rosette, Schlossstadel Ottmanach (Ingeborg und Dieter Müllner 2007)