Login



Getreidekasten

Getreidekasten

Getreidekasten (mundartl. Troadkastn) nennt man ein gezimmertes oder gemauertes, oft mehrgeschoßiges kleines Bauwerk in regional unterschiedlicher Ausführung, das zur Aufbewahrung bäuerlicher Lebensmittelvorräte (Getreide, Fleisch) und kleiner Gerätschaften (Seile, Ketten u. a.) dient. Bei der Bauausführung wurde dem Bedürfnis nach sicherer Aufbewahrung der Vorräte, aber natürlich auch dem Repräsentationsbedürfnis des Bauherren Rechnung getragen. Gemauerte Speicher wurden oft mit Malereien verschönert, bei Blockspeichern findet man kunstvoll geschnittene Türbretter und Eckverzinkungen. Als technisch schwierigste Form der Eckverzinkung gilt das Zierschrot, auch Figurenschrot genannt. Hier werden im Hirnholz der Balken „Bilder“ sichtbar. Anzutreffen sind immer wieder Darstellungen von Kelch, Schuh, Tier- oder Teufelskopf und Breitaxt. Letztere gilt als Symbol der Zimmerleute.
Die Getreidespeicher haben im Erdgeschoß meist ein oder zwei Fenster und im Obergeschoß ein oder zwei Luken zur Entlüftung. In Hanglagen errichtete Speicher besitzen in der Regel ein gemauertes Untergeschoß auf welchem der gezimmerte Blockbau mit verzinkten oder verzapften Eckverbindungen aufsitzt. In den Speicher gelangt man über hölzerne oder steinerne Stufen und eine eher niedrige Tür führt in das Gebäudeinnere. Das Obergeschoß ist meist über eine Holzstiege im Inneren zu erreichen, manchmal finden sich auch Speicher mit hölzernen Außentreppen die zu einem Balkon mit gesonderten Eingang im oberen Stockwerk führen. Die Einrichtung ist stets zweckgebunden und umfasst hölzerne Getreidetruhen mit mehreren Abteilungen sowie Regale und im Obergeschoß Latten, um Fleisch und Würste aufzuhängen. Das Obergeschoß des Kastens überragt im Normalfall an allen Seiten das Erdgeschoß um die Stärke eines Wandholzes, wodurch die Ausbildung einer Hohlkehle zur Abwehr von Mäusen und Ungeziefer möglich ist. Zusätzlich besitzen manche Getreidekästen auch noch umlaufende „Mausbretter“. Neben der Abwehr tierischer Schädlinge versuchte man die Getreidekästen auch gegen Einbruch zu sichern. Daher weisen viele Kastentüren durchwegs feste Schlösser mit einer Verblechung rund um die Schlüssellochöffnung auf. Dieser Blechbeschlag kann mitunter sehr kunstvoll sein. Den Einbruch über das Dach verhinderte die auch im oberen Bereich geschlossene Zimmerung. Die früher außen an den Kästen angebrachten Hörner, Geweihe oder aufgenagelte Raubvögel ebenso wie Palmkreuzchen, Christus- und Dreikönigsmonogramme haben Unheil abwehrende bzw. segenbringende Bedeutung.
Die Dachkonstruktionen reichen von einem einfachen Satteldach bis zu Schopf- bzw. Krüppelwalmdächern.
Die im Hofbereich stehenden Speicherkästen befinden sich in Blickweite vom Wohnhaus, haben aber zugleich stets einen sicheren Abstand zu den übrigen Gebäuden, um im Fall eines Brandes die Lebensmittelvorräte geschützt zu wissen. Schließlich war die Sicherung der Ernte von enormer wirtschaftlicher Bedeutung für jedes bäuerliche Anwesen.